Kolumne Papierstreichlerin

Ich bin eine Papierstreichlerin – Bekenntnisse einer Kreativen

Eine Kolumne von Dorothea

Eine Geschichte, wie ich zur Papierstreichlerin wurde.

Es ist kein Geheimnis, dass ich Papier liebe. Papier umgibt mich und gehört einfach zu mir. Denn, für mich ist Papier nicht einfach gleich Papier. Es gibt glattes Papier fürs Lettering, schweres und leicht strukturiertes Papier für Vorzeichnungen und Skizzen, raues Aquarellpapier zum Zeichnen mit Watercolor, Notizbücher mit unterschiedlichsten Papieren und, und, und – und sie alle sind für mich etwas ganz besonderes.

Die Liebe zum Papier, ich kann es gar nicht mehr genau sagen, wann sie begonnen hat. Ich erinnere mich noch, dass ich schon als Schulkind sehr penibel bei der Auswahl meiner Collegeblöcke war. Sie mussten meinen Ansprüchen genügen, um einen Platz auf meinem Schreibtisch zu finden. Ich konnte schon damals Stunden in einer Papeterie-Abteilung zubringen, denn das Papier musste zu mir und für seinen Zwecks passen. Mit weniger gab ich mich nicht zufrieden.

Papier faszinierte mich. Und es blieb nicht bei einfachem Blanko, linierten oder kariertem Papier. Auch in den Urlauben beim Trödeln und Einkaufen, musste ich wenigstens einen kleinen Blick, bei dem es meist nicht blieb, in die Papier- und Schreibwarenabteilung riskieren. Bei unseren Urlauben vor über 20 Jahren in Frankreich verliebte ich mich in die französische Lineatur. Eine besondere Lineatur mit ihren schmalen Linien und breiten Karos in einem. Ich war begeistert. Damals konnte ich es noch nicht ganz in Worte fassen, warum ausgerechnet dieses Papier mich so faszinierte. Heute weiß ich, viele dieser französischen Lineaturen waren auf sehr viel glatterem Papier gedruckt, als ich es von meinen Schulheften und Collegeblöcken kannte. Ab diesem Zeitpunkt, war in fast jedem Frankreich-Urlaub mein Mitbringsel, natürlich neben Muscheln von der rauen Atlantikküste, Papier mit französischer Lineatur in Form von einzelnen Blättern, College Blöcken oder Schulheften. Manchmal lies ich mir auch Papier sogar aus Frankreich mitbringen.

Was bei anderen die Schuhe waren, das waren bei mir Papiere, Postkarten und Notizbücher. Wobei, was sage ich waren, es sind sie wohl immer noch. Mit den Jahren entwickelte ich ein eigenes Gespür dafür, welches Papier wofür passt. Und ja, man kann fast sagen, ich wurde sehr eigen, was Papier angeht. Wobei, wahrscheinlich war ich das schon immer. Zwischenzeitlich entdeckte ich auch punktkariertes Papier für mich. Wieder eine völlig neue und phantastische Papierwelt für sich.

Als ich 2016 mit dem Handlettering oder besser mit dem Brushlettering, mit den wunderbaren Pinselstiften begann und die Stifte mit dem klassischen Kopierpapier sich nicht sonderlich vertrugen, wurde mir nach aufwendigen Recherchen klar, es lag am Papier. Die feinen Pinselstiftspitzen brauchten glattes, gestrichenes Papier.

Seitdem achte ich bewusst darauf, worauf ich wahrscheinlich schon immer unbewusst geachtet habe, auf die Haptik des Papiers. Beim Schlendern durch die Papeterie-Abteilung streichle ich grundsätzlich über das Papier, bevor ich mich für ein Notizbuch oder Papier entscheide.

Papierstreicheln macht nicht nur glücklich, sondern hilft auch immens weiter, um das richtige Papier zum passenden Stift zu bringen. Durch das sanfte Streicheln über das Papier, spüre ich jeden noch so kleinen Widerstand auf dem Blatt. Durch die Erfahrung weiß ich, wie sich ein Papier für welchen Handlettering Stift, Brush Pen oder Füllfederhalter anfühlen muss, damit sie zusammen harmonieren. Und das erfahre ich vor allem durchs Papierstreicheln.

Für Bleistifte, die sich auch radieren lassen, darf das Papier gern ein wenig strukturierter und vor allem schwerer sein. Auf glatten Papieren gleiten empfindliche Brush Pens einfach nur so darüber, genau wie es sein soll. Möchte ich mit Brush Pens blenden, dann brauche ich festes und sehr glattes Papier. Je mehr Aquarellverläufe im Lettering zu sehen sein sollen, desto rauer darf das Aquarellpapier sein, desto schwieriger wird es aber auch darauf mit Pinsel und Aquarellfarbe zu lettern. Darüber könnte ich tatsächlich Stunden sprechen.

Eine schöne Anekdote dazu, gibt es übrigens noch. Vor einigen Jahren bei einem Designmarkt  in Stuttgart wurde ich ertappt. Ein Designer bot Notizbücher und Kalender an, und mit versiertem Griff, streichelte ich zuerst das Papier. Offensichtlich war er nicht ganz überrascht und konnte sich eine Bemerkung dazu, dass es schön zu sehen sei, wie ich über das Papier streichle, nicht verkneifen. Es gab also noch mehr Menschen, die auf solche Details achten.

Heute weiß ich, ich bin nicht allein, denn jeder der sich mit Handlettering oder mit dem Zeichnen eingängiger beschäftigt, wird früher oder später Papier streicheln. Und genau das, ist es auch, was ich sicherlich in so gut wie jedem meiner Handlettering Workshops vermittle: Beim Lettering wirst du mit der Zeit zum Papierstreichler, weil es einfach nicht ohne geht. Denn genau dieses Detail macht einfach den Unterschied.

Kennst du auch solche Momente in denen du bewusst oder unbewusst Papier streichelst? Ich bin gespannt!

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